Der sagenhafte Fluss
Wir leben im Kleinen Odenwald hoch über dem Südufer des Neckars in Nordbaden. In wilden Kurven schlängelt sich hier der Fluss durch die Berge des Odenwaldes. Steil fallen die Wälder bis zum Neckarufer herab und groß ist die Anzahl der Burgen und Schlösser an den Hängen von Heidelberg bis Heilbronn. Der wilde Fluss hat schon immer die Fantasie unserer Vorfahren angeregt, mussten sie auch mit ihm leben, in guten wie in schlechten Zeiten. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Sagen und Legenden der Region zu sammeln und zu bewahren.
Als Autoren veröffentlichen wir Bücher mit den Sagen unserer Heimat und veranstalten in Kooperation mit dem Naturpark Neckartal-Odenwald regelmäßig Lesungen zu diesem spannenden Thema. Rund ums Jahr sind wir in unserer Freizeit in den Wäldern um und am Neckar und im Odenwald unterwegs. Jeder Jahresabschnitt lädt dazu ein Neues zu entdecken und vor allem aber auch die Stille und Ruhe zu genießen, die die Natur im Neckartal ausstrahlt. Da es eine Vielzahl an Sagen gibt, möchten wie Euch die drei schönsten Geschichten vorstellen.
Der gute Wassermann bei Binau
Eine große Reiherkolonie hatte ihr Nest am schönen Neckarufer. Doch eines Tages im Herbst setzten die Winterstürme viel zu früh ein. Der Neckar fror langsam zu, die Reiher konnten immer weniger Fische fangen. Eisiger Wind und starkes Schneetreiben hinderte die Vögel an einem Flug in wärmere Gefilde. Laut und klagend hörte man die Vögel schon von weither vor lauter Hunger schreien.So ging es auch einigen Holzfällern aus Binau, die gegenüber im Wald unterwegs waren. Sie waren bei ihrer Arbeit, als das laute Rufen der Vögel plötzlich immer leiser wurde. Sie schauten hinüber und waren sprachlos. Mitten im Neckar stand ein Bär von einem Mann in den Eisfluten. Der Oberkörper nackt und glänzend vor Wasser und Schweiß holte er einen Fisch nach dem anderen an die Oberfläche um ihn den hungrigen Vögeln am Ufer zuzuwerfen. Die Vögel nahmen die Gabe dankend an und flogen mit ihrer Beute davon. Am anderen Tag wiederholte sich das Schauspiel. Die Männer waren dieses Mal mit mehr Leuten gekommen, so dass das halbe Dorf die gute Tat des Mannes im Fluss mitansehen konnte. Und auch am dritten Tag wurden die Vögel von dem riesigen Mann im Wasser gefüttert. Als die Vögel gesättigt waren, tauchte er ab und verschwand spurlos. Am anderen Tag wurde es wärmer und die Vögel konnten wieder selbst für sich sorgen. Ein alter Fischer erinnerte sich, dass man an dieser Stelle in alten Zeiten den Wassermann gesehen haben soll. Und er war sich sicher, dass nur dieser es gewesen sein konnte.
Wie die Spielmannsfurt zu ihrem Namen kam
Bei Hirschhorn gibt es im Neckar eine Stelle, die man die Spielmannsfurt nennt. Dort soll das Wasser relativ flach sein, an einer Stelle aber doch tückisch, da der Neckar dort wieder an Fahrt aufnimmt. Der letzte Ritter von Hirschhorn feierte einst auf seinem Schloss seine Hochzeit mit Ursula von Sternenfels. Es gab ein großes Fest und auch Spielleute waren zur Kurzweil der Gäste eingeladen. Die Feier ging bis tief in die Nacht. Danach machten sich die fünf Musiker auf dem Weg zum Fluss, denn sie wollten sogleich mit dem Boot weiterreisen. Sie stiegen ein, verstauten ihre Instrumente und setzten vom Ufer ab. Leider hatten sie nicht bemerkt, dass sich ein Unwetter zusammengebraut hatte. Es donnerte, blitze, stürmte und hagelte. Als sie mitten auf dem Neckar waren, kippte das Boot um und die Spielleute mussten jämmerlich ertrinken. Seither trägt diese Stelle den Namen Spielmannsfurt.
Der Neckargeist und seine Nixen
Tief unten im Neckar wohnt der Hookemann, ein uralter Wassergeist. Besonders um die Zeit der Sommersonnwende im Juni soll man sich vor dem Neckar hüten und auf keinen Fall baden gehen, denn sonst kommt der Wassermann und zieht einen mit seinem langen Haken hinab in sein Reich. Wenn man ihn einmal wirklich gesehen hat, wurde er oft von seinen wunderschönen Töchtern, halb Mensch, halb Fisch begleitet. Die wilden Nixen trieben ihre Späße mit den Fischern und Flößern auf dem Neckar und manch einer schon wollte ihnen aus lauter Tollheit und Kühnheit in ihr unterirdisches Wasserreich folgen. Doch dafür bezahlten die Männer mit ihren Leben oder wurden selbst zu einem Wassergeist.
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